Heinz Rudolf Kunze mit Jubiläumsprogramm „Wie der Name
schon sagt“ auf der Bühne des Ballenlagers
Wahrer Poet, kritischer Beobachter
Von Axel Engels
GREVEN Ein restlos ausverkauftes Ballenlager, begeisterte Menschen und einen Künstler, der sich in Greven bei der Kulturinitiative rundum wohl fühlt – da muss man den Organisatoren erst einmal ein großes Lob aussprechen, dass sie in diesen für die Kultur so schweren Zeiten sehr umsichtig mit Heinz Rudolf Kunze einen ganz versierten Künstler eingeladen haben, der an diesem Samstagabend seine ganzen Qualitäten aufzeigte.
Heinz Rudolf Kunze ist ja ein Ausnahmekünstler, dessen Kreativität keine Grenzen kennt. Vor über 40 Jahren begann seine Karriere beim deutschen Pop-Nachwuchs-Festival in Würzburg und seitdem ist er auch allen großen und auch kleineren Bühnen der gesamten Republik zu finden. Mit seinem Jubiläumsprogramm „Wie der Name schon sagt“ hat er sich auf seine Wurzeln besonnen, zeigte sich als wahrer Poet und überaus kritischer Betrachter der politischen Entwicklungen.
Heinz Rudolf Kunze hatte an diesem Abend keine „Begleitband“ mitgebracht, seine Bühnenpräsenz alleine reichte schon, um das Publikum von der ersten Sekunde an in seinen Bann zu ziehen. Drei Gitarren, ein Steinway-Flügel und eine Mundharmonika reichten dem umtriebigen Künstler, um dem Publikum gleichsam eine Zeitreise durch vier Jahrzehnte Bühnenleben zu präsentieren.
Dabei begann er den Abend nicht mit einem eigenen Werk, sondern hatte das Gedicht „Corona“ des jüdischen Weltpoeten Paul Celan als Einstieg gewählt. Da zeigte er sich als feinsinniger Rezitator, der das Ende „Es ist Zeit, dass es Zeit wird. Es ist Zeit“ mit all seiner Aktualität bewegend ein lebendiges Gewand verlieh. Das war schon große Kunst, was Heinz Rudolf Kunze da gelang. Mit Akribie und Feinsinn hatte er aus seinem unglaublich großen Repertoire die Lieder gewählt, die wohl jeder im Ballenlager kennt und die wohl jeden im Laufe seines Lebens mitgeprägt haben.
„Der Abend vor dem Morgen danach“ aus dem Jahre 1991 erklang dann auch wie vom Staub befreit mit einer Innigkeit und Gefühlstiefe. Mit „Wenn es vorbei ist“ spendete er Kraft und Zuversicht, hier hat er ohne die Pandemie explizit zu nennen deren Ende ein musikalisches Denkmal gesetzt. Heinz Rudolf Kunze schaut nicht weg, sondern geht den Dingen auf den Grund. Ehrlich und ohne etwas zu beschönigen, streut er wie bei „Vertriebener“ Salz in die Wunden derjenigen, die der Flüchtlingskrise mit Plattitüden und Allgemeinplätzen begegnen. Wenn er eine seiner berühmten Liebesballaden anstimmte, wurde man bei den Zeilen von „So wie du bist“, „Leg nicht auf“ oder „Ich hab?s versucht“ ganz tief berührt.
Heinz Rudolf Kunze ist eben ein ganz ehrlicher Mensch, der große Gefühlen mit seinen künstlerischen Mitteln in einer überaus poetisch-lyrischen Art präsentiert. Da passte die Klavierbegleitung perfekt zu den jeweiligen Stimmungen, auch auf diesem Gebiet ist er ein Meister seines Faches.
Den ganz normalen Menschen gab er eine Stimme, schließlich sind sie für ihn diejenigen,
die mit ihren vielen kleinen Handlungen Weltgeschichte machen und den Betrieb
am Laufen halten. Einsamkeit und Verlassensein sind für ihn keine unbekannten
Dinge, anders könnte man solch ein Lied wie „Wenn du sie siehst“ wohl auch nicht
schreiben. Kraft und Zuversicht spendete er mit „Die Dunkelheit hat nicht das letzte
Wort“.
Zwischen seinen Liedern rezitierte er immer wieder Texte, deren Direktheit und Ausdruckskraft
man sich nicht entziehen konnte. Da war Mitdenken gefordert. Am Ende
gab es dann natürlich noch die Lieder, ohne die ein Abend mit dem sympathischen
Künstler einfach nicht denkbar wäre. „Lola“ hat ja schon vor fast vierzig Jahren für Furore
gesorgt, da gab es stehende Ovationen für diesen Ausflug in die Anfange seiner
Karriere. „Dein ist mein ganzes Herz“ hat nichts von seiner Strahlkraft verloren, da
sang das Publikum beim Refrain begeistert mit.
Mit der ruhigen Ballade „Bestandsaufnahme“ verabschiedete sich Heinz Rudolf Kunze
und diesen einzigartigen Abend wird man so schnell nicht vergessen.