Rote-Mühle-Party in der Kulturschmiede (WN)
Es ist ein ungeschriebenes Gesetz: Wenn DJ „Fatty“ ruft, dann kommen sie alle wieder, die Jungs und Mädels von damals. Heute zählt die Partygemeinde der Roten Mühle, die zwischen 1972 und 1976 die Kultdiskothek in und um Greven war, zur Generation 50 plus. Aber die Hits von damals, die Discjockey „Fatty“ alias Werner Heiring Tag für Tag, Woche für Woche in der Disco an der Konradstraße auflegte, zünden noch immer. „Papa was a Rollin Stone“ von den Temptations, George McCraes „Rock your baby“ – das sind Hits, die bewegen. „Diese Evergreens sind einfach der Renner“, schwärmt Discjockey „Fatty“, und muss gleich wieder an die Party-Front.
Von seinem Schaltpult aus hat er alles im Blick: Vorne die Tanzfläche, wo die Rote-Mühle-Generation mit jugendlichem Elan im Beat des 70er-Jahre-Disco-Feelings wippt. Hinten an der Theke erstrahlt das Wahrzeichen des Abends – die Rote Mühle – in alter Frische. „Einfach faszinierend“, kommt der DJ selbst nicht aus dem Staunen raus.
DJ „Fatty“ legt an diesem Abend zum sechsten Mal zur Revival-Party in der Kulturschmiede auf. Wird´s da nicht irgendwann langweilig? Nie und nimmer, betont Heiring: „Diese Musik macht Spaß“, sagt er, legt eine Schallplatte auf, die im schwarzen Vinyl glänzt, und hebt die Arme, um mit der jubelnden Party-Masse zu feiern. Soul, ein paar Rock-Oldies und Pop-Klassiker bewegen damals wie heute „Fattys“ Fans.
Allesamt stammen die Platten aus der Privatsammlung des Grevener DJ-Urgesteins. „Heute kommt man da wahrscheinlich gar nicht mehr ran“, philosophiert der DJ-Fürst. Der Mann an seiner Seite an diesem Abend: ein junges Nachwuchstalent. Thorsten Over ist selbst DJ, ist oft Gast 50. Geburtstagen und auf Revival-Partys, aber so etwas habe er auch noch nicht erlebt: „Da werden Songs gespielt, von denen ich keinen Schimmer habe“, gibt der sonst so kompetente Party-Fachmann zu. „Der Fatty ist eben ein ganz besonderer, ein Spezialist“, fasst Thorsten Over zusammen. Dann muss er wieder ran ans Werk und in die Lehre beim DJ-Meister „Fatty“.
Indes vergnügen sich die vielen Rote-Mühle-Fans in der Masse vor der Bühne. Schweißperlen tropfen, Hautkontakt inbegriffen – erst wer wieder vor die Tür tritt, um kurz Luft zu holen, merkt, was für eine wirklich „heiße“ Stimmung in den alten Industriegemäuern wummert. Da heißt es doch noch, die Elterngeneration könnte nicht richtig feiern. Mitnichten: Mehr Party-Stimmung geht nicht.
Rote-Mühle-Party in der Kulturschmiede (GZ)Diese Party ist Jahr für Jahr ein Selbstläufer. Greven feierte am Samstag im Kesselhaus die Rote-Mühle-Revialparty. Es war grandios!
Es ist 21 Uhr. Erst 21 Uhr. Junge Menschen von heute überlegen sich um diese Uhrzeit so ganz allmählich, wohin sie denn wohl ausgehen werden am späteren Abend. Im Kesselhaus ist es um 21 Uhr bereits rappelvoll. Gut und gerne 350 Menschen drängen sich auf der und um die Tanzfläche. “Locomotive Breath” von Jethro Tull versetzt die Tanzenden in eine Art entrückter Ekstase.
Derjenige, der dafür verantwortlich ist, steht oben auf dem Podest hinter zwei Plattenspielern. Werner “Fatty” Heiring hat nichts verlernt von seiner Kunst, die Menschen mit seiner Auffassung von Musik zu begeistern. Etwa 35 Jahre ist es jetzt her, dass er als DJ in der Roten Mühle, dieser legendären Grevener Diskothek, am guten Ruf Grevens als Ausgeh-Stadt gearbeitet hat. Heiring ist älter geworden, aber sein Gespür für Musik, seine Leidenschaft für den Beat der frühen Siebziger hat er sich bewahrt.
Nach Jethro Tull rocken die Stones das Kesselhaus. Und irgendwann kommt die Zeit für James Brown und seine “Sex Machine”. Dieses Stück ist stets eine Art Höhepunkt in Werner Heirings Zeremonie. Die Tanzenden wippen, zucken und hüpfen um die Wette. Viel mehr geht nicht. Der ganze Raum geht auf in einem kollektiven Glücksgefühl. Sie sind alle wieder da: die ehemaligen “Rote Mühle”-Gäste, die Nachgewachsenen, die diese Zeit nur vom Hörensagen kennen und die Gäste aus dem Umland bei denen sich der Ruf dieser Party herumgesprochen hat.
Die Zeit rast. Es ist 2.30 Uhr. Noch immer hat Heiring die Hände am Regler. Noch immer ist die Tanzfläche brechend voll. Und trotzdem findet “Fatty” Gelegenheit, dem Chronisten dieses denkwürdigen Abend mal eben ein Brot mit Käse rüberzureichen. Der Mann weiß einfach um die Notwendigkeiten des Augenblicks.